Das Gleichnis von den fischlosen Fischern

Und es trug sich zu, dass eine Gruppe existierte, die sich selbt "Die Fischer" nannte.

Und siehe, es gab auch jede Menge Fische in den umliegenden Gewässern.

Tatsächlich war die ganze Gegend mit Flüssen und Seen voller Fische durchsetzt.

Und die Fische waren hungrig.

Alle Jahre wieder versammelten sich die selbst ernannten Fischer auf Zusammenkünften

und sprachen über ihre Berufung zum Fischen und die überwältigende Fischfülle und darüber,

wie man wohl mit dem Fischen am besten beginnen könnte.

Fortwährend suchten sie nach neuen und besseren Definitionen für das Fischen.

Sie riefen landes- und weltweite Kongresse ins Leben,

um das Fischen zu diskutieren und die Idee des Fischens bekannt zu machen

und um von den verschiedenen Weisen zu fischen zu hören.

Diese Fischer errichteten auch große, beeindruckende Gebäude,

die sie "Fischerei-Hauptquartier" nannten.

Ihr Anspruch war, daß jedermann ein Fischer sein, und jeder Fischer auch fischen sollte.

Doch tatsächlich war das Fischen das einzige, was sie nie taten.

Sie gründeten einen Arbeiterstab, der Fischer dorthin schickte, wo sehr viele Fische waren.

Der Stab bestand aus denjenigen, die den Mut hatten, über das Fischen zu reden,

das Fischen zu definieren und den Gedanken unterstützten,

in weit entfernten Gewässern zu fischen,

in denen viele andersfarbige Fische vorkamen.

Der Stab heuerte Mitarbeiter an, setzte Komitees ein und hielt viele Treffen ab,

auf denen das Fischen verteidigt wurde und auf denen auch entschieden wurde,

über welche Flüsse und Seen neu als Einsatzgebiet nachgedacht werden könnte.

Aber wirklich fischen taten diese Mitarbeiter und Mitglieder nicht.

Teure Trainingszentren wurden gebaut, in denen Fischern das Fischen gelehrt wurde.

Die Lehrer hatten Doktortitel in Fischologie, ohne dass sie tatsächlich fischten.

Sie lehrten es lediglich.

Jahr um Jahr wurden Absolventen zu weit entfernten Gewässern gesandt,

um dort hauptberuflich zu fischen.

Des weiteren gründeten die Fischer große Verlagshäuser um Bücher mit Anleitungen

für das Fischen zu veröffentlichen,

und es wurde ein Vortragsraum eingerichtet,

in dem ausgesuchte Redner Vorträge über das Fischen halten konnten.

Viele meldeten sich, weil sie zum Fischen berufen seien

und wurden zum Fischen ausgesandt,

doch sie fischten ebenso wenig wie die Zuhause gebliebenen.

Einige sagten auch, sie würden gerne bei dieser Fisch-Aktion mitmachen,

doch fühlten sie sich berufen, Ausrüstungen für Fischer herzustellen.

Andere waren den Fischen besonders gut gesonnen und hielten es für ihre Aufgabe,

ihnen den Unterschied zwischen schlechten und guten Fischern zu erklären.

Nach einem aufwühlendem Treffen zum Thema "Die Notwendigkeit zu fischen"

ging ein junger Referatsteilnehmer los und fing an zu fischen.

Am nächsten Tag gab er bekannt, dass er zwei hervorragende Fische gefangen habe.

Er wurde für seinen exellenten Fang ausgezeichnet und verpflichtet,

auf allen großen Treffen zu erzählen, wie er das gemacht hatte.

Also hörte er auf zu fischen, um Zeit zu haben,

den anderen Fischern von seinen Erfahrungen berichten zu können.

Auf der offiziellen Fischer-Liste wurde er fortan als eine Person mit beachtlichen Erfolgen geführt.

Nun ist es aber auch wahr, dass einige Fischer sich wirklich einsetzten

und große Unanehmlichkeiten auf sich nahmen.

Diese lebten ganz nah am Wasser und mußten täglich den Gestank vom toten Fisch ertragen

und wurden verlacht von den Nichtfischern in den Fischervereinen.

Die sich wiederum über jene wunderten,

die den Sinn der wöchentlichen Fischertreffen deshalb anzweifelten,

weil man nur über´s Fischen redete anstatt es zu tun.

Folgten diese überhaupt ihrem Meister, der gesagt hatte:

"Ich will euch zu Menschenfischern machen"?

Kann sich jemand vorstellen, wie verletzt sie sich fühlten,

als eines Tages jemand die Ansicht äußerte,

dass jemand, der über Jahre hinweg nicht einen Fisch gefischt hat,

eigentlich gar kein Fischer wäre,

egal wie sehr er es auch behaupten würde.

Obwohl es irgendwie logisch klang.

Oder ist jemand ein Fischer, der sein Leben lang fischlos bleibt?